Christsein in der NS-Zeit – Die Gründung der Bonner Evangelischen Studentengemeinde (ESG)
Shownotes
In der siebten Folge geht es um Bonner Studierende, die im Nationalsozialismus mutig ihren Platz in der Kirche behaupten. Text: Prof. Dr. Andreas Mühling. Sprecherin: Dr. Simone Rauthe.
Eine Produktion der Evangelischen Akademie im Rheinland und der Kommission der Evangelischen Kirche im Rheinland für Kirchengeschichte.
Redaktion: Dr. Bettina Förster Internetseite der Evangelischen Akademie im Rheinland: https://ev-akademie-rheinland.ekir.de/start/home/
Transkript anzeigen
00:00:01: Reinische Kirchengeschichten, der Podcast.
00:00:06: Heute geht es um ...
00:00:08: ... um Bonner Studierende, die im Nationalsozialismus mutig ihren Platz in der Kirche behaupteten.
00:00:16: Was geschah?
00:00:17: Bereits in den neunzehntundzwanziger Jahren richtete die Rheinische Kirche ein Landesfahramt für Seelsorge an Studenten ein.
00:00:25: An Rheinischen Hochschulen sollte evangelische Bildungsarbeit Diakonie, Seelsorge und Verkündigung mit und für Studierende gewährleistet sein.
00:00:35: Es ging darum, der Entfremdung zukünftiger Akademiker und Akademikerinnen von ihrer Kirche wirkungsvoll zu begegnen.
00:00:45: Mit dieser Aufgabe beauftragt wurde der Fahrer Dr.
00:00:48: Johann Wilhelm Schmidt-Japing.
00:00:50: Er setzte sich allerdings bereits in den frühen, dreißiger Jahren für die nationalsozialistische Bewegung ein, die sich damals als moderne, fortschrittliche Bewegung inszenierte und deswegen insbesondere viele junge Menschen ansprach.
00:01:05: Schmidt-Yaping gelang es, dass an den Rheinischen Universitäten Theologen zu nebenamtlichen Studentenfahrern ernannt wurden, die der NS-Politik gegenüber ebenfalls aufgeschlossen waren.
00:01:19: Die Bekennende Kirche, abgekürzt BK, war jene Gruppe von evangelischen Christinnen und Christen, die sich seit neunzehntreihen Dreißig dem Absolutheitsanspruch der NS-Machthaber in der Kirche widersetzten.
00:01:33: Während des Zweiten Weltkriegs fand sie unter zahlreichen Bonner Studierenden großen Zuspruch.
00:01:39: Bereits vor dem Krieg waren wöchentlich über Fünfzig der Bekennenden Kirche nahestehende Studierende zusammengekommen.
00:01:48: Diese Bonner-BK-Gruppe nannte sich ab, aus den ersten Jahren, von den evangelischen Studentengemeinden, kurz ESG, und wurde vom Konsistorium, also der Kirchenbehörde, und Teilen der Bonner-Kirchengemeinde höchstmisstrauisch beobachtet.
00:02:05: Denn die ESG stand unter dem Verdacht, politisch gegen das NS-Regime eingestellt zu sein.
00:02:15: Beunruhigte über diese Vorgänge beauftragte das Konsistorium einen Bonner Gemeindefahrer ehrenamtlich mit der Studentensähe Sorge, damit die Umtriebe der Bonner ESG beendet würden.
00:02:28: Bis nineteenvierundvierzig existierten zwei konkurrierende Angebote innerhalb der kirchlichen Bildungsarbeit für Studierende.
00:02:36: Es gab auf der einen Seite die ESG, also die Evangelische Studentengemeinde.
00:02:42: Sie wurde von einem Seelsorger geleitet, der von der Bekennenden Kirche finanziell unterstützt wurde.
00:02:48: Und es gab auf der anderen Seite einen konsistorialen, nur mäßig besuchten Gesprächskreis, der von einem Gemeindefahrer geleitet wurde.
00:02:58: Berichte zeigen, dass in dem Kreis der Bonner ESG über Theologie und gesellschaftliche Verantwortung diskutiert wurde und ein Dessens zum NS-Regime bestand.
00:03:08: Die Bonner ESG-Studentin Anne-Diese Feuerich berichtete, dass ihr dort auch politisch die Augen geöffnet worden seien.
00:03:16: So zitiert sie ihren BK-Studenten-Fahrer Friedrich Lang siebenwörtlich.
00:03:22: Soll man nicht gleichzeitig ein guter Christ und ein guter Deutscher sein können?
00:03:27: Nein.
00:03:28: Entweder steht Deutschland oder das Himmelreich an erster Stelle.
00:03:33: Christus stellt an uns auf alle Fälle den Totalitätsanspruch.
00:03:37: Als Christ habe ich nur in jenen Dingen der Obrigkeit zu gehorchen, die nicht gegen Gottes Gebot stehen.
00:03:43: Aber handelt unsere Obrigkeit nicht auf der ganzen Linie gegen Gottes Gebot, ob Juden, Polen, überall dieselbe drückende Schuld?
00:03:54: Mit Recht wird unser Volk als Räuberbande angesehen.
00:04:01: Bis nineteen vierzig, dem Jahr der kriegsbedingten Schließung der Universität, Bleibt die Bonner ESG ein Raum für Gottesdienste und Aussprache?
00:04:13: Was bleibt?
00:04:14: Die Bonner ESG überstand die Jahre des Nationalsozialismus und existiert noch immer.
00:04:20: Heute gibt es im Rheinland neuen ESG-Innen, die in der Tradition der bekannten Kirche stehend Wohnheime unterhalten, Gottesdienste und Seelsorge organisieren, Diakonie betreiben und den Diskurs zu gesellschaftspolitischen Fragen führen.
00:04:38: Text Andreas Mühling, Sprecherin Simone Raute.
00:04:42: Eine Produktion der Evangelischen Akademie im Rheinland und der Kommission der Evangelischen Kirche im Rheinland für Kirchengeschichte.
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